Damit sich Geschichte nicht wiederholt
Gedenken an der GAZ: Feierstunde anlässlich des Jahrestags der Pogromnacht 

In einer Feierstunde gedachte man in der Aula der GAZ der jüdischen Opfer der Reichspogromnacht. In Reichelsheim fand diese am 10.November 1938 statt.
Die Direktorin Kirsten Gebhard-Albrecht verwies in ihrer Ansprache auf das historische Datum 9. November, der  ein besonderer Tag in der deutschen Geschichte darstelle. Gerade einen Tag zuvor  wurde im Fernsehen die jubelnden  Menschen vor 25 Jahren am Brandenburger Tor gezeigt, die die deutsch-deutsche Grenze überwunden hatten. Mit der Feierstunde am Montag wollte man daran erinnern, dass diese leider auch Tage in der deutschen Geschichte seien, an dem Menschen ganz besonders und auf brutale Weise ausgegrenzt wurden. „Es sind Tage der Trauer, weil vor 76 Jahren Menschen aus der Mitte unserer Gesellschaft gerissen wurden, indem man sie misshandelte, beraubte, aus ihren Wohnungen vertrieb und in Konzentrationslager verbannte“, so die Schulleiterin.


Danach wandte sich der ehemalige Bürgermeister Gerd Lode  an die jugendlichen Zuhörerinnen und Zuhörer. Er berichtete wie die Juden nach Reichelsheim kamen, angeworben nach dem 30-jährigen Krieg als ganze Regionen menschenleer geworden waren und wirtschaftlich wieder auf die Beine kommen mussten. Über Jahrhunderte waren sie gut in die bäuerlich geprägte Gesellschaft integriert.

Mit der Machtergreifung Hitlers im Januar 1933 änderte sich das Miteinander. Waren zu Beginn der Nazi-Herrschaft Gewerkschafter, Sozialdemokraten und Kommunisten im Weg, die man ins  eilig errichtete KZ nach Osthofen bei Worms deportierte, wurde die jüdische Bevölkerung zunehmend schikaniert. Diese Schikanen basierten auf einem bereits existierenden Antisemitismus, der bewusst angeheizt wurde, berichtete Gerd Lode.

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Im Anschluss trat die Gruppe Darstellendes Spiel der Q1 unter Leitung von Carsten Jonischkeit auf, die authentisches Bildmaterial durch kreative Spielszenen belebte.  Schon der Einstieg weckte bei dem jungen Publikum Interesse: Da gibt es z.B. den Großvater, der mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird, als seine Enkel auf dem Dachboden einige „verräterische“ Dinge finden und ihn ausfragen. Wie war es denn beim Ausflug ins Felsenmeer, bei dem  die Teilnehmer alle in Uniformen steckten? Was war, wenn Jugendliche keine Uniform tragen wollten? Wurden sie dann ausgegrenzt? Eine Ansichtskarte aus Ober-Ostern berichtete kurz, dass jemand aus dem Ort abgeholt worden war. Allerdings musste diese fiktive Karte neu geschrieben und mit „schönen Grüßen“ aus dem Odenwald an den Empfänger abgeschickt werden wie das Original, auf die Bühne projiziert, bewies.

Der folgende Vortrag von Dirk Strohmenger, der zurzeit promoviert und dessen Buch über jenes dunkle Kapitel deutscher Geschichte kurz vor der Veröffentlichung steht, hatte Sequenzen herausgesucht, die besonders dazu geeignet waren, das systematische Vorgehen des nationalsozialistischen Staates zu verdeutlichen.
Unter dem Motto „Und sie werden nicht mehr frei, ihr ganzes Leben“ zeigte er anschaulich, wie durch organisierte Freizeitaktivitäten Jugendliche vereinnahmt wurden, in der Hitler Jugend (HJ) oder im Bund deutscher Mädel (BDM)  geködert und – so war der Plan – bis zum bitteren Ende als  Parteisoldaten  dienen sollten. Auch die von den Schülern im Darstellenden Spiel gezeigten Bilder wurden kurz erläutert. Das Thema Jugendliche im Nationalsozialismus war didaktisch bestens ausgesucht.

Mit zwei jüdischen Instrumentalstücken hatten Manfred Kilthau (Klarinette) und Konrad Dudszus (Klavier) die Gedenkveranstaltung musikalisch einfühlsam gestaltet. Am Ende der über einstündigen Gedenkfeier bedankte sich Kirsten Gebhard Albrecht bei allen Beteiligten, insbesondere auch bei den Jugendlichen im Podium, das sich vorbildlich verhalten hatten.

    Am Darstellenden Spiel beteiligt waren:
    Anne Alex, Tamo Bess, Moritz Ehrhard, Eric Eiben, Marta Lisa Engelmann, Kate Alice Friedrich, Annika Göttmann, Jonas Gröschel, Paul Hartmann, René Achim Ralph Heymann, Laura-Sophie Ingold, Verena Keil, Jannik Kohlbacher, René-Sophie Lauth, Mira Luisa Lochschmidt, Sebastian Mäde, Nhi Lan Nguyen, Sophie Sattler, Anna-Lena Scheerer, Rebecca Schumann, Anna Schütz, Nadina Selic-Toskic und Berit Storch.

Jutta Mussong-Löffler 11-2014/ Fotos: Susanne Benz

 

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